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So ergab es sich also, dass ich am Donnerstag (geplant) vor Gert's Tür stand. Dem nächsten Morgen graute wie mir zu einer Zeit, wo man normalerweise schlafen sollte. Da der erste Tag nicht übertrieben werden sollte, war der richtige Start dann doch nicht so früh wie befürchtet. Nach verschiedenen kurzen Besorgungen ging es per Audi durch die Berge bis nach St. Moritz zum kurzen Kaffeplausch und dann ein Stückchen darüber hinaus. Am Parkplatz der Standseilbahn von Punta Muragl standen tolle Oldtimer auf dem Platz, so dass wir uns gleich heimisch fühlten. Das obere Ende der Standseilbahn nennt sich Muottas Muragl und liegt bereits auf gelenkschonenden 2453m, so dass wir ein gutes Stück unseres Tagesziels schon am Mittag und ohne wesentliche Kraftanstrengung erreicht hatten.
Zum warm werden ging es erst einmal in sanftem bergab knappe 100m hinunter um dann ohne weitere Umschweife im Zickzack auf 2731m zur Segantini Hütte hinaufzuklettern. Belohnt wurden wir hier schon durch schöne Blicke in einen Ausschnitt zwischen üppigen Beulen der Bernina, die weiter oben aber recht kühl war, so dass uns dort eisige Blicke erwarteten.
Den eigentlich geplanten Abstecher auf den La Sours mit seinen 2979m sagten wir im Einvernehmen mit dem Blick auf die schneller als wir fortschreitende Zeit ab. Im Nachhinein gesehen war das sogar gar nicht so schlecht, da man einerseits hätte hoch- und runterrennen müssen und andererseits erwartete uns wesentlich besseres. So zuckelten wir genußvoll den Steinbockweg entlang. Hätte uns nicht ein mucksmäuschenstill stehender Wanderer darauf aufmerksam gemacht, so hätten wir die Steinböcke möglicherweise nicht entdeckt. Ein paar murmelnde Murmeltiere murmelten uns auch noch über den Weg. Bis zur Crasta Languard, wo der Weg dann ohne Gnade nach oben zur Geory Hütte abzweigt, haben wir aber kein weiteres Rudel rumrudeln sehen. Da wir an diesem Abzweig noch ein wenig Zeit hatten, gab es hier erneuten Nachschub an Kalorien und tiefe Einblicke.
Die Georgy Hütte liegt mit Ihren 3175m Höhe exponiert am Piz Languard knappe 100m unter dem Gipfel. Es bewahrheitete sich wieder einmal, dass die bekannteste Sage die Wettervorher-Sage ist. Da das Wetter erheblich schlechter angesagt wurde, war die Hütte, die sonst locker 20 Menschen Platz geboten hätte, mit nur 6 Leuten belegt. Nach einer kurzen "trüben Saft"-Pause und der Festlegung der Schlafstätte gab es denn lecker Spaghetti mit roter Soße und einer Bratwurst. Dort oben ist alles, was Energie bringt, so lecker wie die Leckereien eines Sternekochs 2000m tiefer. Nach dem Essen ging es (hopp, hopp!) auf den Gipfel. Die läppischen 100m Höhe sorgen dort oben schon für deutliche Atemgeräusche. Vor gigantischer Kulisse ging die Sonne am von fast allen Wolken befreiten Himmel irgendwo hinter St. Moritz unter. Ein unglaublicher Anblick, bei dem man nicht weiss, wo man zuerst hinschauen soll. Hinter der Berninagruppe bauten sich 2 Gewitter auf, in denen wild die Blitze zuckten. Wieder an der Hütte ergab sich noch eine wilde Fotoorgie mit dem fernen, blitzedurchzuckten Gewitter als Model vor einem fast nachtschwarzem und mit Sternen gesprenkeltem Himmel und einem schier unglaublichen (fast) Vollmondaufgang *schwärm*. Der Hüttenwart zeigte eine gerunzelte Stirn ob unserer morgigen Tagestour-Pläne und murmelte was von "6 .. nee 7 .. besser 8 Stunden". Im Dunkeln kamen dann noch Steinböcke zum ausgelegten Salzleckstein, die aber ob der fehlenden Lichtquellen nur mit dem blossen Auge wahrzunehmen waren. Der Abend klang mit den beiden Kilimandscharo-willigen Herren aus. An dieser Stelle schon mal viele Grüße an Herrn Brune und seinen Begleiter, es war ein schöner Abend!
Es liegt in der Natur einer nur 100m unter dem Gipfel liegenden Berghütte, dass Wasser nicht zu den besonders reichlich verfügbaren Resourcen gehört, so dass Körperpflege eher zu den span-abhebenden Verfahren gerechnet werden muss. Wasser steht nur für Kochen, Kaffee und (auf explizitem Wunsch und als Fingerhutportion) zum Zähneputzen bereit. Die Nacht war (wie eigentlich jede Nacht im Massenquartier in den Bergen) durchsetzt mit den unglaublichsten Körpergeräuschen, wegen denen man normalerweise sofort zum Arzt gehen müßte. Es gibt aber fast nichts, was man nicht mit einem Paar Ohrstöpseln fernhalten kann (fast nichts, denn manchmal folgen abnormen Körpergeräuschen andere grauenvolle Dinge). Es war in dieser Nacht ausreichend, im Trainingsanzug unter mehreren Pferdedecken zu schlafen, da die Temperatur nicht zu weit unter den Gefriepunkt abrutschte.